Senden: „Den Wählerwillen nicht ignorieren“
Kreis Coesfeld / Senden. Der Deutsche Bundestag soll kleiner werden. Über das Ziel sind sich alle Parteien einig, über den Weg dahin weniger. Um mehr über die unterschiedlichen Konzepte zu erfahren, hat der CDU-Gemeindeverband Senden den Bundestagsabgeordneten Marc Henrichmann zum digitalen Stammtisch eingeladen. Der Innenpolitiker kritisierte dort das Modell der Ampel: „Wenn Kandidaten mit den meisten Stimmen im Wahlkreis nicht mehr ins Parlament einziehen, dann wird der Wählerwillen ignoriert“, erklärte er. Dies sei wenig fair und undemokratisch.
Die Ampel-Fraktionen möchten gewählten Kandidatinnen und Kandidaten das Direktmandat verweigern, wenn es nicht durch eine ausreichende Anzahl an Zweitstimmen gedeckt ist. Vor allem bei der SPD erkannte Henrichmann eine erstaunliche Kehrtwende. Noch 2020 habe sie das nun von ihr favorisierte Modell abgelehnt, „weil keine Stimme unter den Tisch fallen solle“. In der aktuellen Diskussion gäben allerdings Grüne und FDP den Takt vor, zumal das Ampel-Modell sie bevorteile. Ob die Koalition dafür eine eigene Mehrheit zusammen bekomme, bezweifelte Henrichmann dennoch. Dies sei aber nicht entscheidend: „Die AfD, deren Vorschlag von 2020 die Ampel fast wortgleich übernommen hat, und die Linke werden dafür stimmen“, erwartete er.
Vergessen werde in der Diskussion, dass schon die Große Koalition eine Reform des Wahlrechts beschlossen habe. So sei die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 280 reduziert worden. In ihrem neuen Konzept geht die Union noch weiter und schlägt 270 Wahlkreise vor. Außerdem sollen bis zu 15 Überhangmandate nicht ausgeglichen werden, „was das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zulässt“, wie Henrichmann betonte. Zudem sollen Parteien, die an der Fünf-Prozent-Klausel scheitern, erst bei fünf statt drei Direktmandaten in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen können. „Allein diese Regelung hätte den Bundestag in dieser Wahlperiode um über 30 Sitze verkleinert“, rechnete Henrichmann vor.
Ob denn der Bundestag mit 736 Sitzen tatsächlich zu groß sei, wurde aus der Online-Runde gefragt. Räumlich sei es eng, meinte Henrichmann. Effektives Arbeiten sei aber möglich. Er wünschte sich, im Sinne eines schlankeren Staates ohnehin, nicht nur das Parlament zu verkleinern. „Ein noch größeres Problem ist die ausufernde Ministerialbürokratie“, erklärte er. Die Zahl der Beschäftigten in den Ministerien steige immer weiter, 400 neue Büros fürs Kanzleramt nannte er als Beispiel. „Hier müssen wir ebenfalls ansetzen“, zeigte er sich überzeugt.