Rückblick auf 2023: Sorge vor Politikverdrossenheit
Kreis Coesfeld / Kreis Steinfurt / Berlin. 2023 war ein politisch schwieriges Jahr, auch und vor allem für die Bundesregierung.
„Die Ampel zeigte sich zerstritten und verunsicherte mit unausgegorenen Gesetzesentwürfen die Bürgerinnen und Bürger“, konstatiert der Bundestagsabgeordnete Marc Henrichmann. Darin sieht der CDU-Politiker nicht nur Steilvorlagen für die Opposition, sondern vor allem die Verpflichtung, selbst konstruktiv zu handeln. „Das haben wir getan und werden es auch weiter tun“, unterstreicht er in seinem Rück- und Ausblick.
Erstaunlich findet Henrichmann deshalb den häufig gehörten Vorwurf aus der Koalition, die Union verharre in einer Verweigerungshaltung. „Das Gegenteil ist der Fall.“ CDU und CSU haben mehr als der Hälfte der Gesetzesentwürfe und Anträge der Ampel zugestimmt. Umgekehrt haben die Regierungsfraktionen die mehr als 300 Initiativen, Anträge und Gesetzesentwürfe der Union ohne Ausnahme abgelehnt. „Wir betreiben konstruktive Opposition.“ Ein Muster der Ampel: „Fordern wir Sanktionen gegen Bürgergeldempfänger, die zumutbare Arbeit verweigern, ist das angeblich populistisch“ – und dann greife Arbeitsminister Heil den Vorschlag Monate später selber auf.
Migrationspolitik: Endlich Schluss machen mit der Realitätsverweigerung
Mit die größte Baustelle ist die Migrationspolitik. „Wir müssen Menschen, die Schutz brauchen, auch Schutz bieten“, unterstreicht Henrichmann. Dies sei humanitäre Verpflichtung. Was aber mit denjenigen sei, die kein Recht haben, nach Deutschland zu kommen oder hier zu bleiben, darauf finde die Ampel keine Antworten. „Sie handelt zu spät und viele Maßnahmen greifen nicht.“
Die Auswirkungen lassen sich überall im Wahlkreis besichtigen. Henrichmann besuchte mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern Flüchtlingsunterkünfte in Dülmen, Lüdinghausen und Nordwalde. Gemeinsam mit Dülmens Bürgermeister wies er Bundesinnenministerin Faeser in einem Brandbrief auf die unhaltbaren Zustände in den Kommunen hin. Er sprach mit Bürgern, erkundigte sich bei Flüchtlingsinitiativen und in der Zentralen Ausländerbehörde in Coesfeld.
Die Bilanz sei weitgehend niederschmetternd gewesen: „Die kommunalen Verwaltungen, die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, sie sind alle überfordert. Nur die Bundesregierung hat es in der Hand, für Entlastung zu sorgen“, erklärt Henrichmann. Die Union sei zur Mitarbeit bereit, lege konkrete Vorschläge vor. Doch die Bundesregierung sei auch in der Migrationspolitik uneins. Kontrollen an den Binnengrenzen haben CDU und CSU monatelang gefordert, bis sich Ministerin Faeser endlich dazu durchringen konnte, nennt er als ein Beispiel.
Den Grünen wirft Henrichmann Realitätsverweigerung vor. Sie leugneten die Pull-Faktoren, die Deutschland zum Hauptziel der Zuwanderer mache. „Wir brauchen einheitliche Sozialstandards in Europa“, folgert er. Perfide sei die häufig wiederholte Behauptung aus dem grünen Lager, die Union betreibe das Geschäft der Rechten. „Im Gegenteil: Es ist notwendiger denn je, Probleme klar anzusprechen.“ Er spüre, wie die Stimmung kippe. „Das Nicht-Handeln der Ampel fördert Politikverdrossenheit.“ Das treibe Extremisten Wählerstimmen zu und gefährde die Demokratie.
Die Fachkräftezuwanderung vernachlässige die Ampel sträflich. „Das ist ein massives Problem für unseren Mittelstand“, warnt Henrichmann. Ob in Senden, Nottuln, Billerbeck und Dülmen: Überall bekamen Unternehmer keine Visa für ausländische Fachkräfte. Henrichmanns Druck aufs Auswärtige Amt zeigt oft Wirkung, beispielsweise in Dülmen: Ein junger Kosovare hat mittlerweile seine Ausbildung bei einem Malermeister begonnen. Grund für die schleppende Visavergabe ist die Überlastung der Botschaften. Henrichmanns Vorschlag: „Wir brauchen eine eigene Work-and-Stay-Agentur, die sich ausschließlich um Fachkräftezuwanderung kümmert.“
Schlechte Regierungsarbeit: Ampel schürt den Frust gerade bei den Leistungsträgern
Ob beim Heizungsgesetz oder bei der Haushalts-Klatsche vor dem Bundesverfassungsgericht, die schlechte Regierungsarbeit der Ampel ist immer wieder Thema im Wahlkreis. Mal ging es um die Krankenhausreform, mal um die höhere Mehrwertsteuer für die Gastronomie und mal um den – aus Henrichmann Sicht absolut berechtigten – Protest der Landwirte. „Die Ampel schürt den Frust ausgerechnet bei den Leistungsträgern unserer Gesellschaft.“
Fast 5.000 Kilometer war der direkt gewählt Abgeordnete in seinem Wahlkreis unterwegs, von Nordwalde bis Nordkirchen, von Olfen bis Altenberge. Besonders gern besucht Henrichmann Schulen – so wie er auch häufig Schulklassen im Bundestag begrüßt. „Die jungen Leute sind politisch interessiert“, findet er. Das ist ihm als stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums der Bundeszentrale für politische Bildung sehr wichtig. „Die BpB müsste noch mehr Zielgruppen erreichen, die der Politik fern stehen“, wünscht er sich. Gerade das Thema muslimischer Antisemitismus ist nach den Terrorattacken der Hamas auf Israel dort noch unterbelichtet.
Doch auch die Bundesregierung sieht er hier auf dem falschen Weg. Im Bundestag sprach Henrichmann über das „Demokratiefördergesetz“ – das aus seiner Sicht überflüssig ist. Der Ampel gehe es nur darum, ihr freundlich gesonnene Organisationen zu unterstützen. Datenpolitik und Cybersicherheit ist eine weitere sogenannte „Berichterstattung“ des Abgeordneten. Im Plenum kritisierte er das fehlende Tempo bei der Digitalisierung, zum Beispiel der Bundesbehörden. Die Mittel dafür kürzte die Ampel von 377 auf 3,3 Millionen Euro.
„Dicke Bretter gebohrt“: Themen aus dem Wahlkreis nach Berlin transportiert
Darüber hinaus transportiert Henrichmann regionalpolitische Fragen nach Berlin. „Dicke Bretter bohren“ ist mittlerweile zu einer Spezialität geworden. Erfolge freuen ihn daher umso mehr, auch wenn er sich manchmal mehr erhofft hätte. Beispiel Bahnunterführung Appelhülsen: „Dafür haben wir Jahre gekämpft. Jetzt haben wir die Zusage für den Baustart 2027“, erklärt er. Das sei eine sehr gute Nachricht – „doch es müsste deutlich schneller gehen“, meint er mit Blick auf die Bahn.
2024 wird Henrichmann weiterhin mit seiner Fraktion die Ampel-Regierung kritisch begleiten: „Manchmal dauert es, oft greift sie aber unsere Vorschläge dann doch auf.“ Und er wird weiterhin Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger bleiben und ihre Anliegen in Berlin vorbringen.