Folgen der Migrationspolitik: „Es ist Druck auf dem Kessel“
Kreis Coesfeld. Der Kanzler kündigt eine „Rückführungsoffensive“ an, doch der Bundestagsabgeordnete Marc Henrichmann bleibt skeptisch. „Die Grünen stellen sich quer, im Dezember wurde das Gesetz nicht verabschiedet“, berichtete der CDU-Politiker bei einem Besuch der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) in Coesfeld.
Dabei drängt aus seiner Sicht in der Migrationspolitik die Zeit, denn die Zuweisungen in die Kommunen steigen. Der Unmut darüber sei vielerorts spürbar: „Bürgermeister und Räte kriegen die volle Wucht ab, das ist brandgefährlich“, stellte der Parlamentarier fest.
Diejenigen, die unter anderem Rückführungen im Regierungsbezirk Münster durchsetzen, arbeiten bei der ZAB. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gaben dem Abgeordneten einen Einblick in ihre Praxis. Aus den Landeseinrichtungen im Regierungsbezirk Münster, für die die ZAB Coesfeld zuständig ist, wurden bis Ende November 161 Personen zurückgeführt, berichtete der neue ZAB-Leiter Wolfgang Heuermann. Im vergangenen Jahr waren es noch 269 rückgeführte Personen. Dafür gehe die Zahl freiwilliger Ausreisen hoch von 160 in 2022 auf 183 bis Ende November.
Ferner habe die ZAB Coesfeld bis November in 2023 1.098 Maßnahmen in Amtshilfe für andere Ausländerbehörden durchgeführt, davon 630 erfolgreiche und 250 erfolglose Rückführungen. Demgegenüber werden allerdings von den Landeseinrichtungen immer mehr und schneller Personen auf die Kommunen verteilt – allein 2023 waren es NRW-weit über 7.000. „Das sind dreimal so viele wie noch vor zwei Jahren“, erklärte Heuermann.
Die Folgen machen sich fast überall bemerkbar: „Die Kommunen sind an ihrer absoluten Belastungsgrenze, eine verlässliche Planung ist nicht möglich“, stellte Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr fest. Dies bestätigten ihm Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, „egal welcher politischer Couleur“. Er hoffe, dass es nach der Einigung in der Migrationspolitik auf EU-Ebene „in die richtige Richtung gehen könnte“. Eine kurzfristige Verbesserung der Situation erwartet Heuermann aber nicht. Das bereitet Henrichmann Sorgen: „Es ist Druck auf dem Kessel, die Akzeptanz schwindet“, stellt er in vielen Gesprächen und Zuschriften fest.
Für den Parlamentarier ist klar, dass „Menschen in Not Hilfe bekommen“. Ordnungsdezernent Ulrich Helmich befürchtete aber, dass „durch die Überlastung unserer Systeme diejenigen auf der Strecke bleiben, die wirklich Schutz suchen“. Sie könnten kaum erfasst und integriert werden. Gesprochen wurde auch über praktische Probleme, zum Beispiel bei der Beschaffung von Ersatzpapieren, der Zuweisung von Familien mit geringer Bleibeperspektive oder bei Rücküberstellungen im Rahmen der Dublin-Verordnung. Einhellig als sinnvoll erachtet wurden einheitliche Sozial-Standards in Europa. „Es ist enttäuschend, dass wir hier nicht weiterkommen“, bedauerte Henrichmann.